Frauen und Didgeridoo?

...das ist wohl immer noch ein umstrittenes Thema. 

Frauen sind in der Didgeridoo-Welt (und überhaupt in der Musik, wie mir häufig auffällt) immer noch selten. Als Mitglieder von Bands sind Frauen häufig eher als Sängerin dabei, seltener am Schlagzeug oder am Bass. Aber es gibt sie :-)

Eine der wohl mittlerweile bekanntesten Didgeridoo-Spielerinnen ist Lies Beijerinck aus den Niederlanden. 

Aber auch in Deutschland, der Schweiz, in Frankreich und in anderen Ländern gibt es Didgeridoo-Spielerinnen, die sich nicht entmutigen lassen und nicht nur "im stillen Kämmerlein" spielen.

Schon mehrmals habe ich gelesen, es sei Frauen verboten, Didgeridoo zu spielen.
Das trifft aber nicht grundsätzlich zu. Der folgende Text von Tanja Bukschat klärt einige Missverständnisse auf:

"Vom Mythos, der Frauen das Didgeridoospielen untersagt
Bis heute bleibt immer noch ungeklärt, wie der Mythos entstand, der Frauen verbietet, das Didgeridoo zu spielen oder gar zu berühren.

Es ist wohl wahr, daß die Frauen in Nord-Australien traditionell nicht den öffentlichen Anlässen und den Zeremonien beisitzen. Dennoch gibt es die Einschränkung, die es den Frauen erlaubt weniger offizielle oder informelle Inhalte außerhalb der Zeremonien auf dem Didgeridoo zu spielen.
Das Gebiet, in dem die striktesten Einschränkungen für Frauen gelten findet man im Süd-Osten Australiens. Dort wurde das Didgeridoo aber erst vor wenigen Jahren, in Folge des weltweiten Didgeridoo-Booms bekannt. Die traditionellen Ursprünge und Traumzeitgesetze enstammen dem Norden Australiens, und diese sprechen von keinem ausdrücklichem Spielverbot.
Nach den Traumzeitgesetzen sind die Frauen im Allgemeinen die Hüterinnen der natürlichen Gesetze und die Beschützerinnen des natürlichen Lebens. Die Männer sind die Hüter der spirituellen Ebene, in denen die Ungeborenen und die Toten wohnen. Das Didgeridoo dient ihnen als Sprachrohr und Vermittler zwischen diesen Welten.

Linda Barwick, Antropologin und Musikethnologin, suchte den persönlichen Kontakt zu Aborigines in einer Reihe von Communities in South-Australia, New-South-Wales und dem Northern-Territory. Sie diskutierte 1995 mit Frauen der Belyuen-Community in der Nähe Darwins.
Dort erzählte man ihr, daß kein Verbot existiert, welches Frauen das Spielen untersagt und in der Tat erwähnten einige ältere Frauen, daß es im Daly-River Gebiet mal eine Spielerin gab. Auch ein Gespräch mit dem Männern von Groote Eylandt ergab, daß kein explizietes Traumzeitgesetz existiert, welches den Frauen das Spielen verbietet.
Die Männer sind der Ansicht, daß es wohl eher so ist, daß die Frauen einfach nicht wissen, und auch gar nicht wissen wollen, wie man spielt. In Yirrkala lernen beide Geschlechter, Jungen und Mädchen, das Instrument spielerisch. Mit den Jahren hören die Mädchen aber auf in der Öffentlichkeit zu spielen. Die Frauen stellen die Didgeridoos weiterhin her und probieren sie aus, bevor sie an die Touristen verkauft werden.
In den Kimberleys und in der Golfregion ist es durchaus verbreitet, daß Frauen als Anerkennung ihrer Dazugehörigkeit zur Gesellschaft die traditionelle Musik spielen. Auch dort wurde das Didgeridoo erst in diesem Jahrhundert bekannt, als Generationen aus der Daly-River Region und dem Arnhemland einzogen.

Linda Barwick ist der Meinung, daß der Mythos des generellen Frauenspielverbots, der wie oben beschrieben nie wirklich existierte, ganz geschickt für Werbezwecke der New Age Vermarktung genutzt wurde. Die Diskussion, ob Frauen nun spielen sollten oder nicht hat eine Menge Aufmerksamkeit auf die internationale Ausbeutung der Aboriginalkultur gezogen. Unter anderm auch darauf, daß es in ihrer Kultur Naturgesetze und Bereiche der Heiligkeit gibt, die es zu respekieren gilt.

Vielleicht steht das Didgeridoo hier fälschlicherweise dafür, daß andere, wirklich heilige und beschränkte Übereinstimmungen im zeremoniellen Leben der Aborigines existieren, die sie in der Öffentlichkeit nicht nennen können. In diesem Fall steht die Spiritualisierung des Didgeridoo nicht nur als Lückenfüller des New Age Zeitalters, sondern dient auch als Warnung an alle Nicht-Aborigines, vorsichtig zu sein, und nicht zu nahe in ihre heiligen Angelegenheiten vorzustoßen.

In meinen Bemühungen den Ursprung des Frauenspielverbots zu erforschen hörte ich noch ganz andere Gerüchte und Erklärungsansätze. Fast alle dieser Erklärungsansätze sprechen vom Verlust der Weiblichkeit. Es existiert die Meinung, daß ein dauerhaftes Spielen der Gebärmutter schadet. Vielfach zu hören ist, daß Frauen während der Schwangerschaft, aufgrund der Gefahr eines frühzeitigen Aborts, gar nicht spielen sollten. Thesen, dass es zum Abort oder einer Fehlbildung des Fötus kommen könnte, sind aber nicht belegt. Vielleicht, meinen andere, fördert das Spielen den Entwicklungsprozeß zu mehr Selbstbewußtsein, was den Männern, aus Angst, vor dominierender Weiblichkeit, nun gar nicht gefallen hätte.

Die dominierende Weiblichkeit hängt eng zusammen mit dem Ritual des Liebeszaubertanzes. Der Liebeszaubertanz hatte den Zweck, während eines Beschneidungsrituals bei den anwesenden Frauen eine Art Liebeszauber nach den mitwirkenden Männern zu erwecken. Dazu kletterte ein Spieler auf einen künstlich errichteten Baum, lies die laut brummenden Töne aus dem Didgeridoo erschallen, was die Begierde nach dem Spieler unter den anwesenden Frauen erweckte. An dem Ritus ist sicher etwas Wahres dran. Bei einigen meiner Körperbespielungen konnte ich beobachten, das es beim Spielen auf ein anderes Geschlecht zu Erregungszuständen kommen kann. Wahrscheinlich waren sich die Aborigines dieser Wirkung bewußt. Da es aber das Vorrecht des Mannes ist, sich die Frau auszusuchen und sie begierig zu machen, konnte darin ein weiterer Grund gelegen haben, den Frauen das Spielen zu verbieten.

Letztendlich kann sich das Verbot auch gar nicht auf das Didgeridoospielen an sich beziehen, sondern vielmehr auf das Tönen von Obertönen. Die Mongolen z.B untersagten ihren Frauen den traditionellen Obertongesang, den "Xöömiji", zu erlernen. Gleichfalls aus der Überzeugung heraus, daß das Singen dieser ganz speziellen Art der Töne den Verlust der Fruchtbarkeit bedeuten kann. Da es in diesem Bereich aber noch gar keine Forschungsergebnisse gibt, wird auch diese Aussage bis auf Weiteres interpretativ bleiben."

(Auszug aus dem Buch "Der heilende Klang des Didgeridoo" von Tanja Bukschat; mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Das Buch ist noch über einige Antiquariate zu beziehen)

 
Einige Informationen über das Didgeridoo-Spiel von Frauen hier in Europa und im Zusammenhang mit der Kultur der Aborigines sind auch im Didgeridoo-Lexikon zu finden.
Auf der seite yidakistory.com  gib es ebenfalls mehr Infos zum Thema; Kommentare dort sozusagen aus erster Hand...

Bislang habe ich als Didgeridoo-Spielerin meistens positives Feedback bekommen; Reaktionen gingen eher in Richtung "schade, dass so wenig Frauen Didge spielen".

An dieser Stelle sei euch auch eine meiner Lieblings-CDs an's Herz gelegt: "Birds in a jungle of time" von Big Tribal Heart. Hier sind wunderschöne Didgeridoo-Passagen, gespielt von Frauen, zu finden.
Auch bei Inlakesh ist mit Tanya Gerard eine Frau am Didge...
Möglicherweise gibt es unter den traditionellen Aufzeichnungen von Alice Moyle ebenfalls Frauen, die Didgeridoo spielen.
 
 






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